Kuehl et al. (Pathology-oriented multiplexing enables integrative disease mapping, Nature 2025, doi.org/10.1038/s41586-025-09225-2, CC BY 4.0)

Protein-Multiplexing in Gewebeanalysen

In einer internationalen, multidisziplinären Zusammenarbeit haben Wissenschaftler die innovative PathoPlex-Methode entwickelt, die mehr Informationen aus Gewebeproben liefert als jemals zuvor.

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Die Analyse von Gewebeschnitten in der Pathologie ist oft stark beschränkt durch die räumliche Auflösung und die Anzahl der eingesetzten Antikörper. Um diese Limitationen zu umgehen, hat ein Forschungsteam unter Leitung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) einen Multiplex-Ansatz der nächsten Generation zur hochauflösenden Untersuchung von Gewebeschnitten entwickelt. Die multidisziplinäre Studie entstand in Kooperation mit der Universität Aarhus in Dänemark sowie zahlreichen internationalen Forschern aus Japan, Australien, Frankreich, der Schweiz und den USA. Die in Nature vorgestellte Methode beruht auf sich schrittweise wiederholenden Zyklen und erlaubt damit den Nachweis von mehr 100 verschiedenen Proteinen gleichzeitig in einer einzigen Probe.

Für das Pathologie-orientierte MultiPlexing (PathoPlex) werden zunächst Proteine in einer fixierten und eingebetteten FFPE-Gewebeprobe mit handelsüblichen Antikörpern markiert und anschließend mikroskopisch erfasst. Danach werden die Antikörper entfernt, um im nächsten Durchgang weitere Zielproteine sichtbar zu machen. Dabei folgt die Methode dem Prinzip des 4i-Ansatzes (iterative indirect immunofluorescence imaging). Der zyklische Ansatz vermeidet typische Probleme der Immunhistochemie wie Farbüberlappung, Kreuzreaktionen und Signalverlust. Zudem sorgt die automatisierte Bildanalyse für ein hochspezifisches Multiplexing mit sehr klaren Signalen.

In der aktuellen Studie konnten die Wissenschaftler insgesamt bis zu 95 solcher Bildgebungszyklen durchführen. Mithilfe konfokaler Mikroskopie wurden dabei rund 600 Milliarden Bildpunkte mit einer Auflösung von 80 Nanometern erfasst. Bis zu 150 Erstantikörper gegen bestimmte Proteine sowie 20 Qualitätskontrollen mit Zweitantikörpern konnten für eine einzige Probe verwendet werden, ohne das Gewebe zu schädigen. Damit übertrifft die Methode die bisherige Kapazität von etwa 60 Antikörpern bei weitem und schöpft ihr volles Potential damit noch nicht einmal aus. Außerdem lassen sich bis zu 40 Archivproben dank automatisierter Färbungen mittels eines speziellen 3D-Drucker-basierten Liquid-Handling-Systems parallel verarbeiten.

„Ein entscheidender Vorteil von PathoPlex ist die Kompatibilität mit beinahe jedem Fluoreszenzmikroskop – von einfachen Weitfeldmikroskopen bis hin zu hochauflösenden konfokalen Systemen“, so Studienleiter und Letztautor Prof. Dr. Victor Puelles. Je nach gewünschtem Durchsatz und Detailtiefe lässt sich das Verfahren flexibel anpassen. Um die enormen Datenmengen zu verarbeiten, entwickelte das Team die frei verfügbare Software „spatiomic“, mit der sich automatisch Protein-Koexpressionsmuster identifizieren und räumliche Analysen durchführen lassen. Damit können auch kleine Labore ganz ohne spezielle Technik hochdimensionales Imaging nutzen – ein wichtiger Schritt, um moderne Gewebeanalytik besser zugänglich zu machen.

Die PathoPlex-Plattform wurde im klinischen Einsatz anhand von 38 humanen Biopsieproben aus besonders komplexem Nierengewebe getestet. Bei der Analyse diabetischer Nephropathie etwa identifizierte das Forschungsteam Stresssignale in den Nierentubuli als neue, mögliche Krankheitsauslöser. Auch bei Typ-2-Diabetes-Patienten ohne Funktionsverlust der Niere ließen sich Veränderungen nachweisen. Mit PathoPlex konnte zudem die Wirksamkeit von Antidiabetika wie SGLT2-Hemmern präzise und frühzeitig bewertet werden, was eine zielgerichtete und personalisierte Therapie ermöglicht.

Zahlreiche Kliniken und Forschungseinrichtungen verfügen über umfangreiche Archivbestände mit jahrzehntelang gesammelten FFPE-Gewebeproben, aus denen sich mit räumlicher Transkriptomik bereits viele wichtige Erkenntnisse gewinnen lassen. Die PathoPlex-Technologie ermöglicht nun auch eine hochauflösende Analyse auf Proteinebene und erweitert so die Möglichkeiten, komplexe Gewebeproben noch detaillierter zu untersuchen.

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